Anamnese
Im Oktober 2019 wird uns ein junger Lehrer zur weiteren Abklärung einer unklaren Myelopathie aus einem peripheren Spital zugewiesen. Dort wurde bereits eine MRI der unteren Brust- und Lendenwirbelsäule durchgeführt, auf dem eine hyperintense Läsion spinal bei Brustwirbelkörper (BWK) 12 entdeckt wurde (Abbildung 1). Bei der ersten Vorstellung des 35-jährigen Patienten in unserer ambulanten Sprechstunde berichtet er, dass ihm Anfang des Monats zunächst ein Kribbeln und Taubheitsgefühl an den Füssen auffiel. Einige Tage später besteht auch eine Sensibilitätsminderung, die von Höhe des Beckenkamms nach distal ausstrahlt und an den Fusssohlen besonders betont ist. Ausserdem leidet er besonders beim Sitzen und Gehen an einem Drehschwindel.
Vorerkrankungen
Helicobacter-pylori-positive Duodenitis
Dauermedikation
Pantoprazol 40 mg 1 x täglich, Metamizol bei Bedarf
Aktueller neurologischer Status
Blickrichtungsnystagmus, Muskeleigenreflexe seitengleich und lebhaft, keine Pyramidenbahnzeichen; Sensibilitätsprüfung: Hypästhesie und Hypalgesie beider Beine ventral betont bis zu den Füssen und Sohlen; Tests für Lagesinn und Vibration unauffällig.
Bildgebende Diagnostik
MRI Schädel/Halswirbelsäule (HWS): typisches Bild, das zu einer chronisch-demyelinisierenden Erkrankung des zentralen Nervensystems passt. Es zeigt mehrere T2w/FLAIR-hyperintense Läsionen (supratentorielles Marklager periventrikulär, Corpus callosum, subkortikal, infratentoriell). Es besteht kein Nachweis einer Schrankenstörung (Abbildungen 2a–2c).
Unter der Verdachtsdiagnose einer multiplen Sklerose (MS) führen wir nun eine Lumbalpunktion durch.
Abbildung 1: Sagittale (a) und axiale (b) T2-gewichtete Sequenz des spinalen MRI im Oktober 2019.
Abbildungen 2a–2c: Axiale Flair-Sequenz des kranialen MRI im Oktober 2019.